Concepción Aguilar

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Auf den ersten Blick hat das staubige Städtchen Ocotlan de Morelos in der Nähe von Oaxaca kaum mehr zu bieten als andere mexikanische Orte. Aber hinter den Mauern der unscheinbaren Kleinstadt wird seit Jahrzehnten mexikanische Kunstgeschichte geschrieben. Zum einen war Ocotlan Geburtsort und spätere Wirkungsstätte des berühmten Malers Rodolfo Morales. Morales war bekannt für seine farbenfrohen surrealistischen, traumhaften Leinwände und Collagen und wurde damit Mitte der 70er Jahre weltberühmt, nachdem er vom mexikanischen Altmeister Rufino Tamayo der breiten Öffentlichkeit bekanntgemacht wurde. Nach über einem Jahrzehnt des Lehrens und Reisens im Namen der Kunst kehrte er Mitte der Achtziger in seinen Heimatort zurück, wo er sich bis zu seinem Tode 2001 ausschließlich der Malerei widmete. Sein Geld investierte er in die Restauration historischer Gebäude und in eine Stiftung, welche seit Jahrzehnten die Jugend des Städtchens für die Kunst begeistert. Auch zwei der von uns vertretenen Künstler lernten bei Morales den Umgang mit Pinsel und Farbe: sowohl Demetrio Garcia Aguilar als auch seine Tochter Fran Garcia Vasqez kamen als Kids in den Genuß der komplett kostenlosen Workshops im zum kulturellem Zentrum umgewandelten Wohnhaus des großzügigen, heimatverbundenen Malers mit Weltruhm.

Womit sich auch der Kreis dieser kleinen Ausschweifung hier schließt und wir beim zweiten Schwergewicht der Kunstszene Ocotlan´s angelangt sind - der Aguilar Familie. Deren bevorzugtes Medium ist die rote Tonerde, welche rund um das Städtchen reichhaltig verfügbar ist. Gegründet wurde die töpfernde Familiendynastie von Isaura Alcantara Diaz und ihrem Mann Jesus Aguila Revilla. Die beiden begannen in den fünfziger Jahren, die Palette an herkömmlichen Töpferwaren für den Hausgebrauch, für die Ocotlan de Morelos bis dato bekannt war, um dekorative Tonfiguren zu bereichern. Diese Figuren stellten mit für damalige Verhältnisse ungewöhnlicher Liebe zum Detail das alltägliche Leben in Ocotlan dar und wurden durch die Nähe zum Kunstmekka Oaxaca schon bald zur begehrten Beute für frühe Sammler mexikanischer Volkskunst. Solch einer war auch der Milliardär Nelson Rockefeller, der in den 60er und 70er Jahren öfter mal in Ocotlan auftauchte, in aller Regel den kompletten Workshop der Aguilars aufkaufte und mit nach Hause in die Staaten nahm, wo viele dieser frühen Aguilar Stücke heute noch im San Antonio Museum of Art, dem Mexican Museum in San Francisco und weiteren Institutionen zu sehen sind. Sammler wie Rockefeller kauften aber nicht nur den Output von Isaura und Jesus, sondern auch die Skulpturen der vier Töchter des Paares, welche schließlich in den folgenden Jahrzehnten den Familiennamen in aller Welt berühmt machen sollten und mithalfen, die Dia de los Muertos Kunst aus der Taufe zu heben : Guillermina, Josefina, Irene und 

Concepción Aguilar

Concepción ist die jüngste der berühmten Schwestern und kam im Gegensatz zu den anderen nur kurz in den Genuß der mütterlichen Ausbildung, da Isaura starb als Concepción gerade mal 9 Jahre alt war. Vielleicht war genau das der Grund dafür, daß sie sich von allen Schwestern am weitesten von der klassischen Aguilar Linie wegbewegte und kompromisslos neues Terrain eroberte. Schon als wir 2007 das erste Mal nach Ocotlan de Morelos reisten stand ihr Name ganz oben auf unserem Zettel, weil Concepción Aguilar vor allem eines ist: eine Meisterin des Todes. Während die anderen Aguilar Schwestern sich neben Calaveras und Catrinas auch nach wie vor ausgiebig den volkstümlichen Motiven der Eltern widmeten, hatte Concepción schon recht früh den Claim der Dia de los Muertos Kunst als auschließliches Betätigungsfeld für sich abgesteckt und im Laufe der Jahrzehnte ihre Skulpturen mit den vorrangig in nüchternem grau gehaltenen Totenköpfen perfektioniert. Konträr dazu gibt sie ihren bleichen Hauptdarstellern zur Versinnbildlichung des Kreislaufs von Leben und Tod gerne detailliert gestaltete, farbenfrohe Begleiter aus dem Tierreich mit an die Seite. Ihr gebündeltes Können gipfelt in Stücken wie dem Arbol de la Muerte, der für uns auch nach Jahren noch zum Eindrucksvollsten gehört, was die Kunst rund um den Dia de los Muertos zu bieten hat und in immer wiederkehrenden Varianten stets als Centerpiece auf dem Altar in unserem Berliner Showroom gewürdigt wird. 

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